Kinderlähmung – alles über Poliomyelitis

Bei der Kinderlähmung oder Poliomyelitis handelt es sich um eine hochansteckende Viruserkrankung, die das Rückenmark und das zentrale Nervensystem und hauptsächlich Kinder unter fünf Jahren betrifft.
© AdobeStock_291749059

Kinderlähmung – alles über Poliomyelitis

Bei der Kinderlähmung oder Poliomyelitis handelt es sich um eine hochansteckende Viruserkrankung, die das Rückenmark und das zentrale Nervensystem und hauptsächlich Kinder unter fünf Jahren betrifft. Meist äußert sich eine Polio-Erkrankung an den Extremitäten und führt zu Lähmungen – es können jedoch auch andere Teile des Körpers betroffen sein, beispielsweise ein Befall der Atemmuskulatur, welcher tödlich ist.

Dank Impfstoffen ist Polio oder Kinderlähmung heutzutage äußerst selten – sie tritt aber regional immer wieder auf und kann bei ungeimpften Kindern und Jugendlichen schwerwiegende Folgen haben. In diesem Ratgeber informiert das Sanitätshaus Seeger daher über Ursachen, Symptome, Verlauf und Therapie von Poliomyelitis. Zusätzlich geben wir einen Überblick über die Folgen und die Übertragung von Kinderlähmung.

Was ist Kinderlähmung? Definition der Poliomyelitis

Auch, wenn die Krankheit hauptsächlich bei Kleinkindern auftritt, kann Kinderlähmung auch Jugendliche oder Erwachsene betreffen. Es handelt sich bei Poliomyelitis um eine durch das Poliovirus verursachte Infektionskrankheit. Das Poliovirus dringt meist durch eine Schmierinfektion in den Körper ein, verbreitet sich im Darm und kann das zentrale Nervensystem angreifen, was zu Lähmungen führen kann. In den meisten Fällen (90 - 95 %) verläuft Poliomyelitis asymptomatisch, in nur 4 - 8 % der Fälle treten leichte Krankheitsgefühle auf. Doch bei den verbleibenden Betroffenen kann die Kinderlähmung schwerwiegende neurologische Schäden verursachen.

Die Lebenserwartung bei einer Kinderlähmung ist schwer einzuschätzen – die meisten Menschen, die Polio überstanden haben, können ein normales oder nahezu normales Leben führen. Solange keine Lähmungen oder schwerwiegende Gesundheitsprobleme vorliegen, unterscheidet sich die Lebenserwartung daher nicht wesentlich von der Allgemeinbevölkerung. Jedoch können im späteren Leben medizinische Komplikationen auftreten, einschließlich des so genannten Post-Polio-Syndroms, das die Lebensqualität beeinträchtigen kann.

Wie macht sich Kinderlähmung bemerkbar? Symptome, Verlauf & Diagnostik

Die Symptome einer Kinderlähmung können sehr unterschiedlich sein und reichen von milden grippeähnlichen Beschwerden bis hin zu schweren Lähmungen. Zu den frühen Anzeichen der Poliomyelitis gehören Symptome wie Fieber, Müdigkeit, Kopfschmerzen, Erbrechen, ein steifer Nacken und Schmerzen in den Gliedmaßen. In schweren Fällen kommt es zu einer akuten schlaffen Lähmung, die innerhalb weniger Stunden bis Tage auftritt. Die Symptome von Polio beziehungsweise Kinderlähmung sind bei Erwachsenen und Kindern dieselben. Da jedoch auch Personen ohne Symptome bei Poliomyelitis andere Menschen anstecken können, sollte bei einem Verdacht auf eine Infektion so schnell wie möglich medizinische Hilfe gesucht werden.

Verläuft die Infektion nicht asymptomatisch, sind folgende Verläufe der Kinderlähmung möglich:

  • Abortive Poliomyelitis: Etwa eine Woche nach der Infektion kommt es bei 4 - 8 % der Betroffenen zu Beschwerden wie Fieber, Durchfall, Übelkeit oder Schmerzen in den Muskeln, im Magen oder Kopf- und Halsraum. Bei diesem Krankheitsverlauf der Kinderlähmung sind die Beschwerden meist nach 1 - 3 Tagen vorbei, ohne dass Zellen des Zentralen Nervensystems (ZNS) angegriffen wurden.
     
  • Nichtparalytische Poliomyelitis: Dieser Polio-Krankheitsverlauf wird auch aseptische Meningitis genannt und betrifft 1 - 2 % der Patient*innen. In diesen Fällen kommt es nach 3 - 7 Tagen zu Symptomen, die einer Hirnhautentzündung (Meningitis) ähneln. Das kann hohes Fieber, Erbrechen, Rückenschmerzen, Steife des Nackens, Lichtempfindlichkeit und sogar Muskelkrämpfe umfassen. Bei diesem Verlauf der Kinderlähmung ist das ZNS infiziert, die Prognose fällt jedoch gut aus.
     
  • Paralytische Poliomyelitis: Nur sehr wenige Betroffene erleiden diesen Verlauf einer Poliomyelitis – meist nur 0,1 bis 1 % der Betroffenen mit nichtparalytischer Poliomyelitis. Diese bekommen – zusätzlich zu den anderen Symptomen – schnelle oder schrittweise eintretende schlaffe Lähmungen (sogenannte Paralysen), oft begleitet von hohem Fieber. Die Paralyse betrifft meist Beine, Bauch, Arme, Brustkorb oder die Augenmuskeln. Seltener sind Störungen beim Sprechen, Kauen und Schlucken, Schädigungen der Hirnnervenzellen, eine Herzmuskellähmung oder eine zentrale Atemlähmung.


Die Diagnose der Poliomyelitis erfolgt durch eine Kombination von klinischen Untersuchungen, Anamnese und Labortests. Durch einen Rachenabstrich können Erreger der Kinderlähmung im Rachensekret festgestellt werden, auch eine Stuhlprobe ist möglich. Ist das zentrale Nervensystem angegriffen, kann das Virus für eine Diagnose der Kinderlähmung zudem aus der Gehirnflüssigkeit isoliert werden.

Übertragung & Ursachen der Kinderlähmung

Die Kinderlähmung wird durch das Poliovirus verursacht, das zur Familie der Picornaviridae gehört. Die Übertragung von Polio erfolgt hauptsächlich fäkal-oral, also durch Kontakt mit infiziertem Stuhl oder kontaminiertem Wasser und Nahrung. Seltener kann die Übertragung der Kinderlähmung auch durch eine Tröpfcheninfektion stattfinden. Risikofaktoren und häufige Auslöser der Kinderlähmung sind mangelnde Hygiene, fehlender Impfschutz und das Leben in Gebieten mit niedriger Impfquote.

Die Ansteckung mit Kinderlähmung oder Polio kann durch direkten Kontakt mit infizierten Personen, Fäkalien oder durch Berührung von kontaminierten Oberflächen erfolgen. Da Kinder im Allgemeinen eine schlechtere Hygiene durchführen, haben sie ein höheres Risiko, sich anzustecken. Gerade in Gemeinschaftseinrichtungen wie Kindergärten und Schulen ist daher eine Polio-Ansteckung möglich, wenn Kinder nicht geimpft sind. Da Kinderlähmung hoch ansteckend ist, selbst wenn eine Person keine Symptome aufweist, kann sich das Virus schnell und weitläufig verbreiten.

Kinderlähmung: Therapie der Poliomyelitis

Es gibt keine spezifische Heilung für Poliomyelitis. Die Behandlung der Kinderlähmung konzentriert sich daher auf die Linderung der Symptome und die Verhinderung von Komplikationen. Akute Fälle erfordern möglicherweise eine intensivmedizinische Betreuung, einschließlich der Unterstützung der Atmung. Generell sollte bei einer Poliomyelitis-Behandlung auf strenge Bettruhe geachtet werden, wobei schmerzlindernde Medikamente zum Einsatz kommen können.

Sollten tatsächlich Lähmungen auftreten, können physiotherapeutische und orthopädische Hilfsmittel die Beweglichkeit und Muskelkraft verbessern. Da die Kinderlähmung oft dauerhafte Schäden hinterlässt, sind Betroffene später häufig auf Alltagshilfen angewiesen, etwa Orthesen, Rollatoren oder sogar Rollstühle. Das trifft auf Erwachsene wie Kinder gleichermaßen zu – daher beschäftigt sich beispielsweise die Kinderorthopädie gezielt damit, wie man Kindern mit Kinderlähmung helfen und ihnen ein möglichst beschwerdefreies Leben ermöglichen kann.

Die Therapie von Kinderlähmung hat nur sehr begrenzte Möglichkeiten. Daher ist das Wichtigste eine Prävention durch Impfungen, die den weitaus effektivsten Schutz gegen Polio darstellen und eine Behandlung der Kinderlähmung von vornherein verhindern. Die meisten Orte der Welt sind dank der Kinderlähmungsimpfung mittlerweile frei von Polio – in Gebieten wie Pakistan oder Afghanistan kam es jedoch 2024 wieder zu neuen Fällen. Vor einer Reise sollte man sich daher über empfohlene Impfungen informieren.

Folgen von Poliomyelitis: Was passiert, wenn man Kinderlähmung hat?

Kinderlähmung kann eine Reihe von Folgen haben, die je nach Schweregrad der Erkrankung und dem individuellen Verlauf variieren. Neben den akuten Symptomen zählen hierzu auch verschiedene Spätfolgen der Kinderlähmung, die dauerhafter Natur sein können:

  • Lähmungen: Das wohl bekannteste Symptom und mögliche Spätfolge der Kinderlähmung. Die Paralysen, die während der Erkrankung beginnen, können dauerhaft sein und betreffen häufig die Beine, können aber auch Arme und Atemmuskulatur einbeziehen. Je nachdem, welche Teile des Nervensystems betroffen sind, kann die Lähmung vollständig oder teilweise sein – haben sich die Lähmungen 2 Jahre nach der Erkrankung noch nicht zurückgebildet, ist ihr Verschwinden nicht mehr möglich.
     
  • Post-Polio-Syndrom (PPS): Selbst viele Jahre nach der ursprünglichen Polioinfektion können ehemalige Polio-Patient*innen Symptome entwickeln, die als Post-Polio-Syndrom bekannt sind. Zu diesen Symptomen gehören neue Muskelschwächen, Müdigkeit, Muskel- und Gelenkschmerzen sowie eine allgemeine Abnahme der körperlichen Ausdauer. Es ist nicht bekannt, was die Ursache dieser Spätfolge der Kinderlähmung ist.
     
  • Muskelatrophie: Die von der Kinderlähmung betroffenen Muskeln können schrumpfen und schwächer werden, was zu einer Muskelatrophie führt. Dies kann die körperliche Mobilität einschränken und Betroffene daran hindern, alltägliche Aktivitäten selbständig auszuführen.
     
  • Atemprobleme: Wenn die Kinderlähmung die Atemmuskulatur betrifft – etwa das Zwerchfell und die Brustmuskulatur – kann dies zu langfristigen Atemproblemen führen. In schweren Fällen ist oft eine dauerhafte Unterstützung durch Sauerstoffgeräte erforderlich.
     
  • Knochen- & Gelenkprobleme: Gelenkdeformitäten und Arthritis können sich als Folge von Muskelschwäche und -lähmung entwickeln. Die ungleichmäßige Belastung und der Druck auf die Gelenke können zu Schmerzen und eingeschränkter Mobilität führen. Des Weiteren ist auch eine Osteoporose, also Knochenschwund als Spätfolge der Kinderlähmung im Alter möglich.


Von den Betroffenen einer paralytischen Poliomyelitis behalten 25 % leichte Schädigungen, weitere 25% tragen schwere Schäden davon. Hinzu kommt, dass die bleibenden Schäden der Kinderlähmung oft die Entwicklung sekundärer Krankheiten fördern.

Die Behandlung und Unterstützung für Menschen mit Polio-Folgen umfasst oft Physiotherapie, medizinische Behandlung zur Schmerzkontrolle und verschiedene Arten von Rehabilitationsdiensten, um die Lebensqualität zu verbessern und die Unabhängigkeit zu fördern.

Kinderlähmung bekämpfen – mit Seeger an Ihrer Seite

Der beste Schutz gegen Kinderlähmung ist die Prävention durch Impfungen. Wer an Kinderlähmung erkrankt, der muss hoffen, keinen schweren Verlauf zu erleiden. Sobald die Polio-Viren den Körper befallen haben, kann die Medizin nur noch lindernde und unterstützende Maßnahmen anwenden, um Kindern sowie Erwachsenen zu helfen, ihre Mobilität und Lebensqualität zu verbessern.

Bei Seeger bieten wir daher eine Vielzahl von orthopädischen Hilfsmitteln und physiotherapeutischen Lösungen an, welche die Selbständigkeit im Alltag wiederherstellen und bei der Therapie der diversen Spätfolgen unterstützen können. Das Team von Seeger steht Ihnen beiseite. Durch unser Servicetelefon sind wir jederzeit für Sie erreichbar und helfen, wo wir können. Alternativ sind wir auch in unseren Seeger Filialen für Sie da, in denen Sie uns gerne besuchen können, um sich persönlich beraten zu lassen. Wir freuen uns auf den Kontakt!

Die nächsten Veranstaltungen

Ratgeber

Meistgelesen