Stomatherapie – Leben mit dem künstlichen Darmausgang

In Deutschland leben rund 160.000 Menschen mit einem künstlichen Darmausgang, auch Stoma genannt. Ein Stoma bedeutet für die Betroffenen immer einen großen Einschnitt in ihr Leben.

Wann ein Stoma erforderlich ist

Die Gründe für eine Stomaanlage sind recht vielfältig. Die häufigste Ursache sind Tumorerkrankungen wie Kolonkarzinom, Uteruskarzinom und andere Krebserkrankungen im Abdominalbereich. Weitere Indikationen sind schwere Fälle von Morbus Crohn (eine chronisch entzündliche Erkrankung des Gastrointestinaltraktes), Colitis Ulcerosa (eine chronisch entzündliche Darmerkrankung) und Divertikulose (Ausstülpungen der Darmschleimhaut). Ein Stoma kann vorübergehend für verschieden lange Zeiträume oder für den dauerhaften Verbleib angelegt werden.

Für Betroffene bedeutet die Stomanlage, insbesondere wenn sie für einen längeren Zeitraum oder für den dauerhaften Verbleib vorgesehen ist, einen entscheidenden Einschnitt in das eigene Körpergefühl und Selbstbild. Durch gute Aufklärungsarbeit kann die Stomatherapie hier sehr viel zu einem positiven Leben mit einem künstlichen Darmausgang beitragen und die Betroffenen auf die Handhabung vorbereiten. Gut geschulte und sensibel auf das Leben mit einem Stoma vorbereitete Betroffene entwickeln im Umgang mit dem künstlichen Darmausgang oft eine gewisse Routine, die ihnen – je nach Begleiterkrankung – ein weitgehend normales Leben ermöglicht. Selbst schwimmen zu gehen und anderen Sport zu treiben, ist mit einem Stoma grundsätzlich möglich. Viele Betroffene haben vor einer Stomanlage nur eine ungenaue Vorstellung davon, was auf sie zukommt, und sind voller Ängste und Sorgen. Tatsächlich können viele dieser Befürchtungen im Rahmen der Stomatherapie oft schon schnell entkräftet werden.

Worauf bei der Stomaversorgung zu achten ist

Ein wesentliches Ziel der Stomatherapie ist es, den Betroffenen die selbstständige Versorgung des künstlichen Darmausgangs zu ermöglichen. Deshalb wird bereits vor der Operation die ideale Position des Stomas bestimmt und markiert. Durch eine gute Positionsbestimmung wird zugleich das Risiko von Komplikationen wie einem Darmprolaps (Hervortreten des Darms über den künstlichen Ausgang hinaus) reduziert. Bei der Markierung wird auch darauf geachtet, dass das Stoma nicht in Gürtelhöhe erfolgt. Die optimale Position wird sowohl im Sitzen, Liegen und Stehen als auch gebückt ermittelt. Auch besondere Bewegungsabläufe, beispielsweise im Beruf oder aus religiösen Gründen, werden berücksichtigt. Ziel ist immer, eine Position zu finden, die sowohl medizinisch als auch im Alltag der Betroffenen optimal ist. Generell wird ein Stoma im rechten oder linken Ober- oder Unterbauchbereich positioniert.

Stoma-Arten

Der Fachbegriff für einen künstlichen Dick- oder Dünndarmausgangausgang ist Enterostoma. Wird der Ausgang am Dünndarm angelegt, heißt er Ileostoma – er befindet sich meist im rechten Oberbauch. Ein Ausgang am Dickdarm heißt Kolostoma und wird im linken Unterbauch angelegt. Ein Transversostoma wird im quer verlaufenden Teil des Dickdarmes angelegt und befindet sich im Oberbauch.

Darüber hinaus wird zwischen dem zeitlich begrenztem und dem endgültigen Stoma unterschieden: Das zeitliche Stoma wird angelegt, wenn die Möglichkeit besteht, die Funktionalität des Magen-Darm-Traktes wiederherzustellen. Ein solches Stoma kann zurückverlegt werden, sofern der Schließmuskel erhalten geblieben und funktionsfähig ist, der betroffene Darmabschnitt vollständig verheilt und eine Chemo- oder Bestrahlungstherapie abgeschlossen sind. Das Dauerstoma wird hingegen verwendet, wenn After und Mastdarm mit den Schließmuskeln operativ entfernt werden müssen. Dann besteht keine Möglichkeit mehr, den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen.

Die Stoma-Pflege

Ganz gleich, welche Art von Stoma verwendet wird – in allen Fällen ist eine gute Pflege von besonderer Bedeutung. Sie hilf dabei, Komplikationen zu vermeiden und verbessert das eigene Körpergefühl. Viele Betroffene werden schon nach kurz Zeit ganz selbstverständlich mit ihrem Stoma umgehen. Wichtig ist dabei, sich für den Stomabeutel-Wechsel und der gesamten Pflege genug Zeit zu nehmen, auf eine entspannte Atmosphäre zu achten und die Pflege konsequent durchzuführen.

Der regelmäßige Plattenwechsel und die Ausscheidungen beanspruchen die Haut rund das Stoma täglich. Deshalb kommt es häufig zu Hautentzündungen, die sich mit einer gewissenhaften Pflege jedoch weitgehend vermeiden lassen. Für die Pflege und Reinigung der Stoma-Umgebung reichen meist warmes Wasser und eine pH-neutrale Seife. Zum Waschen und Trocknen der Haut sind weiche Vliesstoffkompressen empfehlenswert. Fusselnde Materialien sollten keinesfalls verwendet werden! Viele Produkte der Stomaversorgung enthalten medizinische Klebstoffe. Für die Entfernung gibt es alkohol- und ölfreie Pflasterentferner. Die Haut sollte vor dem Anbringen der neuen Versorgung immer sauber und trocken sein. Zudem ist zu beachten, dass die Öffnung der Stomaversorgung genau so groß ist, wie der Stomadurchmesser. Viele Betroffene benötigen zudem Zusatzprodukte: Narben, Hautalten oder -unebenheiten können damit ausgeglichen werden.

Was ist eine Irrigation?

Die Irrigation ist eine Spülung des Dickdarms, die zu einer ausscheidungsfreien Zeit führt, die den Betroffenen größere Spielräume ermöglicht. Vornehmlich wird die Irrigation bei Menschen angewendet, die während des Tages keine normale Beutelversorgung tragen möchten. Allerdings ist die Irrigation ausschließlich für Kolostomiestoma geeignet, zudem müssen einige weitere Voraussetzungen erfüllt sein. Nach einer Irrigation kann auf die gewohnte Beutelversorgung zunächst verzichtet und stattdessen ein Stomaverschluss, eine Stomakappe oder ein Minibeutel verwendet werden.

Die Irrigation kann von den Betroffenen nach erfolgter Anleitung selbstständig durchgeführt werden. Dafür bedarf es jedoch eine schriftliche ärztlichen Verordnung. Bei der Irrigation wird der Dickdarm entweder mit Wasser oder Elektrolytlösung befüllt. Dadurch dehnt sich der Darm aus und die Peristaltik wird angeregt. Der vorhandene Stuhl rutscht in Richtung des Stomas und wird nach draußen befördert. Daraus resultiert eine entleerungsfreie Zeit, die – Abhängig von der Ernährung und Effektivität der Spülung – bis zu 24 oder sogar 48 Stunden andauern kann. Unterschiedliche Irrigations-Sets sind über gut sortierte Gesundheitshäuser erhältlich.

Ernährung nach einer Stoma-OP

Eine spezielle Stoma-Diät ist in der Regel nicht erforderlich. Die Betroffenen können also grundsätzlich jede Nahrung zu sich nehmen. Doch gerade für die Anpassungsphase nach der OP bestehen allgemeine Ernährungsempfehlungen. Der Körper stellt sich meist innerhalb von drei bis sechs Monaten auf das Stoma ein. Für diese Zeit wird empfohlen:

  • die Ernährung ballaststoffarm zu gestalten und leicht verdauliche Kohlenhydrate in die Ernährung zu integrieren
  • viele kleine Mahlzeiten pro Tag (ca. 8 bis 10) zu sich zu nehmen
  • den Darm nach einiger Zeit langsam wieder an die normale Verdauungstätigkeit zu gewöhnen

Aktiv mit einem Stoma leben

Sofern die Grunderkrankung erfolgreich therapiert wurde, ist ein weitgehend normales Leben mit einem Stoma möglich. Viele Betroffene können weiterhin ihrem Beruf nachgehen, verreisen, Sport treiben, sexuell aktiv sein und grundsätzlich können Frauen, nach ärztlicher Absprache, auch mit Stoma-Anlage Kinder bekommen. Vielfach wird die Zeit nach einer OP als die schwierigste empfunden, doch gewöhnen sich die meisten Menschen recht schnell an die neue Situation und machen die Erfahrung, dass die Einschränkungen geringer ausfallen, als sie ursprünglich befürchtet hatten.

 

Weiterführende Informationen:

Selbsthilfe Stoma-Welt e.V.

Deutsches Krebsforschungszentrum in der Helmholtz-Gemeinschaft - Leben mit einem Stoma

www.krebsgesellschaft.de

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